Bad Herzberg • Sport & Freude • Corpus Christi • Deutschlandsender • 20. Juli 1945 • Neubeginn & DDR • Wende & Deutsche Einheit
Mit der Eröffnung der Moor- und Warmbadeanstalt am 1. Juni 1907 versucht sich Herzberg als Kurort zu etablieren. Obwohl offiziell nie anerkannt, eignete sich Herzberg etwa ab dem Ersten Weltkrieg bis in die 1930er Jahre den Zusatz „Bad“ an. Der in Deutschland aufkommende Fremdenverkehr sollte auch in Herzberg Früchte abwerfen. Die Bilder aus dieser Zeit beweisen, dass sich Herzberg mit seinen schönen Ecken durchaus mit Bäder-Orten messen kann.
Die Postkarte zeigt das 1927 eingerichtete Sommerbad hinter dem Radeland. Dieses Freibad hatte mehrere Vorgänger an oder besser in der Schwarzen Elster. Seit 1969 können unsere Bürger im heutigen Schwimmbad schwimmen und planschen. Wollen wir hoffen, dass es noch lange erhalten bleibt. Die Turnhalle am Werner-Seelenbinder-Sportplatz wird am 28. August 1928 ihrer Bestimmung übergeben. Der Turm dient bis nach dem Krieg der Feuerwehr als Schlauchturm und lässt die Halle auf den ersten Blick wie eine Kirche erscheinen. Bis heute wird die Turnhalle für den Schul- und Vereinssport genutzt.
Josef Bachem ist der Architekt der am 10. Juni 1928 geweihten Katholischen Kirche Corpus Christi. Der im expressionistischen Stil errichtete Bau wird 1956 erweitert, da die Gemeinde in Folge des Krieges durch die vielen Vertriebenen stark angewachsen ist. Das Bild links stammt aus den 1970er Jahren. Schön zu erkennen ist das alte Holzkreuz im parkähnlichen Vorgarten.
Der 337 Meter hohe, 1939 eingeweihte Deutschlandsender ist seinerzeit das höchste Bauwerk Europas und das zweithöchste der Welt. Lediglich durch das New Yorker Empire State Building mit 381 Metern wird er überragt.
Gegen Ende des Krieges wird die Sendeanlage bombardiert, der eigentliche Mast bleibt jedoch verschont. Er wird im Zusammenhang mit anderen geforderten Reparationsleistungen 1946 demontiert und in die Sowjetunion transportiert, wo sich seine Spuren verlieren.
Als Carl Friedrich Goerdeler am Nachmittag des 19. Juli auf dem Rittergut Rahnisdorf eintrifft, ahnt sein Gastgeber, Kraft Freiherr von Palombini, nichts vom unmittelbar anstehenden Attentat auf Hitler. Goerdeler, ehemaliger Oberbürgermeister von Leipzig, ist nach den Plänen der Stauffenberg-Gruppe als Reichskanzler vorgesehen, sofern ein Putsch gegen Hitler glückt.
Palombini selbst ist am 20. Juli, als das Attentat fehlschlägt, geschäftlich unterwegs. Er wird am folgenden Tag wegen „defaitistischer Äußerungen“ verhaftet. Zeitungsartikel aus dem Völkischen Beobachter berichten von der Enteignung der Familie von Palombini und der Fahndung nach Goerdeler. Letzterer verlässt am 21. Juli Rahnisdorf in Richtung Gerbisbach und wird nach weiterer Flucht verhaftet und schließlich hingerichtet. Kraft von Palombini bleibt bis zum April 1945 inhaftiert. Heute lebt der Enkel, Camillo von Palombini, auf dem Gut seines Großvaters mit seiner Frau und den drei Kindern.
Mit dem Einmarsch der Roten Armee am 23. April 1945 ist der Krieg für Herzberg beendet. Der Wiederaufbau beginnt mit der Reparatur der gesprengten Elsterbrücken. Die politische Neuorientierung steuert die SED. Wie präsent die politische Propaganda im Alltag war, zeigen Aufnahmen mit Transparenten auf dem noch nicht wiederbebauten Markt und auch der Aufmarsch der Kampfgruppen.
Die Wende beginnt in Herzberg am Mittwoch, dem 1. November 1989, mit einer Demonstration und Diskussion vor dem Kreiskulturhaus. Eine Woche später platzt die Kirche mit etwa 3000 Besuchern förmlich aus den Nähten. Dort stellen sich Vertreter des Rates des Kreises und der Partei den Fragen der aufgebrachten Bevölkerung.
Als am 9. November 1989 die innerdeutsche Grenze geöffnet wird, ist in Herzberg die Aufregung groß. Ungewöhnlich der Andrang vor der Polizei. Zu Hunderten warten die Herzberger auf den begehrten Stempel: ein Visum für die Fahrt in den Westen. Die heiß ersehnte D-Mark zu bekommen, bedeutete erneutes Anstehen vor der Sparkasse. Auch hier wieder Warteschlangen.
Die Ereignisse in Deutschland überschlagen sich und führen die erste freie Volkskammerwahl am 18. März 1990 herbei. Der damalige Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling aus unserer Partnerstadt Büdingen absolviert einen Wahlkampfauftritt in Herzberg.
Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde pflanzen zur Erinnerung an die erste freie Volkskammerwahl zwischen Rathaus und Kirche eine Esskastanie . Sie ist inzwischen zu einem stattlichen Baum
herangewachsen.
Am 3. Oktober 1990 ist es schließlich soweit, die Deutsche Einheit ist vollzogen. Der spätere Bundespräsident Johannes Rau und Außenminister Hans-Dietrich Genscher besuchen Herzberg. Vor dem Rathaus sprechen sie zu den Herzbergern im Vorfeld der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl 1990.