Offene Worte auf 210 Kilometern
Mehr anpacken statt reden!
Ulf Lehmann, Herzberg-Zählt-Bewerber für das Bürgermeisteramt, spricht die Wünsche Vieler aus: Mehr Schwung und Begeisterung in die Amtsstuben.
Für mich ist die Elsteraue eine Kraft spendende Hängematte für Geist und Gemüt. Viele hübsche Winkel in den kleinen Dörfern sind mir nur dank unserer Weißstörche bekannt. Diese Vögel haben echte Strahlkraft. Sie führen Menschen zusammen, sind gesellig und verteidigen, was ihnen lieb und teuer ist. Kein anderer Großvogel sucht so sehr unsere Nähe. Lebt auf Masten, Schornsteinen und Dächern mitten unter uns. Jedes Jahr freue ich mich darauf, den Weißstorch-Nachwuchs mit beringen zu dürfen.
Die Tour hat es in sich. Zwischen fünf und sechs Uhr morgens heißt es: Abfahrt mit meinem MAN mit aufgepflanzter 16-Meter-langer Drehleiter. Dann Start in ARNSNESTA mit den ersten Jungstörchen um 6 Uhr. Dort sehe ich sie wieder: Die Ornithologen aus Jessen und Wittenberg, die ich seit 25 Jahren begleite. Ein fröhlicher Trupp, der Natur und Schöpfung sowie das Wissen darum als echten Lebenswert versteht. Das gemeinsame Frühstück mit ihnen genieße ich genauso wie die vielen Gespräche mit Anwohnern in den Dörfern und Städten, die Störche beherbergen.
In ZÜLLSDORF befindet sich der Horst der Störche direkt auf dem Hof der Kita. Kurz nach unserem Eintreffen dort finden sich freundliche Züllsdorfer ein. Sie sehen nach dem Rechten, berichten von ihren Störchen. „Kein Wunder, dass die Störche zu kämpfen haben. Das extreme Wetter, der heftige Sturm und Starkregen – das setzt den Vögeln genauso zu wie uns. Wir räumen noch immer die umgestürzten Bäume auf“, sagt ein Anwohner betroffen.
Zwei Störche liegen im Nest, sie blicken direkt auf den großzügigen Spielplatz der Kita. „Unsere Kinder haben’s so schön hier“, stellt eine Züllsdorferin fest. „Viel Platz, Natur und die Störche. Das muss so bleiben“, spricht sie mich an.
Ich stimme ihr zu. „Wir müssen eigentlich nur die Augen für das Schöne direkt hinter unserer Gartentür aufmachen. Viele Großstädter träumen von so viel Platz und Grün dazu viel Gemeinschaft. Das haben wir alles selbst in der Hand. Und so soll es bleiben“, antworte ich ihr.
"Das gemeinsame Frühstück mit den Naturfreunden genieße ich genauso, wie die vielen Gespräche mit Anwohnern in den Dörfern und Städten, die Störche beherbergen."
Unterwegs machen mich die Sturmschäden tatsächlich sehr nachdenklich. Bei LÖHSTEN, REHFELD, FRIEDRICHSLUGA und WIEDERAU sind umgeknickte und entwurzelte Eichen und Pappeln zu sehen. Viel Arbeit für unsere fleißigen Feuerwehrleute. Alles ehrenamtlich, für lau. Da ziehe ich respektvoll und dankbar meinen Strohhut.
In FRIEDERSDORF erscheint direkt am Mast der Feuerwehr Reinhold Langer, ein echter Weißstorch-Fan. Akribisch hat er aufgeschrieben, wann die Vögel eintrafen, wie viele Junge schlüpften, wie viele verendeten. Dazu Kämpfe um den Nistplatz, Fotos, Daten. Auch hier beeindruckt mich, wie sehr alle an einem Strang ziehen. Die Friedersdorfer Feuerwehr, die den Mast samt Nisthilfe 2008 gestellt hat. Storchenvater Langer mit seinem fürsorglichen Blick. All diese Menschen, die für ihre Gemeinden, Nachbarn und Mitmenschen Zeit und Muße verschenken, damit es hier schöner und noch lebenswerter wird. Sie verdienen Anerkennung und einen festen Ehrenplatz in der Öffentlichkeit.
Die zwei Friedersdorfer Jungstörche von 2017. Hätten Einwohner nicht vor neun Jahren einen Mast in Eigenregie gestellt, wären die Kleinen nicht hier geschlüpft. Rechts "Storchenvater" Langer mit seinen Aufzeichnungen.
Nach gut elfstündiger Fahrt – über 210 Kilometer, zu 26 Nestern mit 56 zu beringenden Jungstörchen – nehme ich vor allem Eines mit: Alle Hauptamtlichen haben selbst Ehrenamt nötig! Hier lernen sie ehrliches Interesse, Tatkraft und Begeisterung kennen, die sie sich schwungvoll zu eigen machen können. Das ist eine Chance. Lob aus offiziellem Munde ist toll, klar. Aber mitmachen und tatkräftig unterstützen, das setzt Zeichen. Und macht glaubhaft. Gib der Gemeinschaft etwas zurück! Das gilt besonders für die, die sich in den Dienst der Kommune gestellt haben. Also mehr anpacken statt reden.
Ihr Ulf Lehmann
Ein fröhlicher Trupp, die Jessener und Wittenberger Weißstorch-Freunde. Natur, Schöpfung und Wissen verstehen sie als echten Lebenswert. DANKE unserem Juniorhelfer Jonas und meinem lieben Sohnemann Gustav (oben).